„Wir geben dem Verein ein Gesicht“ (8)

„Wir geben dem Verein ein Gesicht“ (8)

Portrait-Serie 01.11.2021

Wenn der Germane mit der Kirsche…

Neuhof/Ochtersum. Doppelehen sind in Deutschland bekanntlich nicht erlaubt. Das Herz eines Menschen kann aber sehr wohl für zwei Vereine schlagen. Wenn dann auch noch für beide Fußballvereine eine Mitgliedschaft vorliegt, so ist das schon eine interessante Konstellation.

Bei dem mit Ehefrau und Sohn in Ochtersum wohnenden Thomas Emmerling, in Fußballerkreisen und auch privat nur als „Taube“ bekannt, ist das der Fall. Der 53-Jährige ist seit vier Jahrzehnten Mitglied bei VfR Germania Ochtersum und hat dann auch noch im Sommer 2019 bei den Blau-Weißen am Klingenberg angeheuert. Zwei Vereine, zweimal Beiträge.

Für ihn eine ganz normale Entscheidung: „Es gab bei mir nie irgendwelche Magenschmerzen oder Berührungsängste mit der Doppel-Mitgliedschaft.“ Seine Frau Michaela, erzählt Taube, habe nur gelacht und ihn ermuntert. „Mach doch!“ Ressentiments, Misstöne oder Vorhaltungen seitens der Ochtersumer Vereinskollegen habe es nie gegeben.

Bei den Germanen „Mann für alle Fälle“, bei den „Kirschen“ die „Lunge“ in der Ü 50

Dafür gibt es bei den Germanen auch keinen Grund. Auch wenn der 53-Jährige nur noch eine Spielberechtigung hat, nämlich die für die „Kirschen“, so haben die Ochtersumer  keineswegs ein Mitglied an den Klingenberg verloren. Nach dem Ende seiner aktiven Zeit in Ochtersum - er startete dort in der C-Jugend und spielte später viele Jahre in der I. Herren bis 2004 - agiert Thomas Emmerling bei den Germanen seitdem als „Mann für alle Fälle“: Ob Platzpflege in allen Facetten, Torwart-Trainer, vertretungsweise Übungsleiter bei der Jugend, in der I. und II. Herren – Taube ist als „Feuerwehrmann“ und „Anpacker“ gefragt und geschätzt. Auch beim Vereinspräsidenten Reinhard Garms, der sich auf Taube stets verlassen kann, wenn er mal wieder eine helfende Hand benötigt.

Seine weiterhin enge Bindung zu den Germanen hat neben der Wohnsitzwahl auch einen Namen: Sohn Paul (20), der in Ochtersum sehr erfolgreich für die I. Herren kickt und auf den der Vater „sehr stolz“ ist. Taube: „Paul lebt für den Fußball und hat ganz viel Spaß dabei.“ Was ist eigentlich, wenn die beiden Herrenmannschaften von Ochtersum und Neuhof in der Bezirksliga aufeinandertreffen? Sind dann Gewissenskonflikte vorprogrammiert? „Wenn mein Sohn spielt“, so der 53-Jährige ehrlich, „halte ich immer zu den Germanen.“ So, so, die familiäre Bindung ist doch stets ein starkes Argument.

Seine zweite Vereinsmitgliedschaft bei den „Kirschen“ hat der gelernte Metallgießer nie bereut. „Sensationelle Leute hier am Klingenberg. Fußball-Verrückte im positiven Sinn.“ Vor zweieinhalb Jahren sei er mit offenen Armen von den Blau-Weißen aufgenommen worden. Seine Begeisterung für den Verein, die Menschen und die Dynamik, mit der am Klingenberg Projekte angegangen und umgesetzt werden, sei stetig gewachsen.

Harmonie-Mensch, Teamplayer und Dauerläufer

Taube tritt in der Ü50 gegen den Ball und ist dort eigentlich nur als die „Lunge“ bekannt – soll heißen: Dauerläufer par excellence. Bälle verteilen, zurückerobern und auch gegen Spielende noch einmal aufdrehen („Der Knipser bin ich weniger“), wenn die Mitspieler und vor allem der Gegner schon mit der eigenen Physis zu kämpfen haben – das ist ganz sein Ding. Und da kommt dann auch noch sein Ehrgeiz zum Tragen. „Ich erkenne an, wenn die andere Mannschaft einfach besser ist. Wenn ich aber feststelle, dass wir locker dagegenhalten könnten, es aber nicht tun, dann geht bei mir schon mal der Blutdruck hoch“, verrät Taube. Ansonsten sei er aber ein „Harmonie-Mensch“ und habe „absolut keinen Bock auf Streitereien und Stress“. Wenn sich Spieler auf dem Platz schubsen oder vorsätzlich grobes Foul spielen, sich gar noch beleidigen, dann ist das „mit meinen Vorstellungen vom fairen Umgang auf dem Platz nicht vereinbar“.

Die Mega-Kondition kommt im Übrigen nicht von ungefähr: Sein privates Hobby ist Laufen. Mit Jogging wären seine Trainingseinheiten („Möglichst alle zwei Tage und nie unter 10 Kilometer“) nicht korrekt beschrieben, denn bis zu 240 Kilometer im Monat spult der drahtige Ochtersumer mit den für einen Läufer idealen Werten „76 Kilo bei 178 Zentimeter“ herunter. Alleine oder auch mal mit anderen.

Was liebt der Familienvater am Fußball? „Den Team-Gedanken, das Drumherum mit den Zuschauern und die ganzen Emotionen.“ Und nicht zuletzt auch die Tatsache, dass sich immer wieder Ehrenamtliche in den Vereinen finden und den „ganzen Laden am Laufen halten“. Wozu er, wie berichtet, selbst einen nicht geringen Teil beiträgt. Den Beweis tritt er auch sogleich an, als Kultbetreuer „Tati“ um die Ecke kommt und Taube anfragt, ob er denn für ihn am kommenden Samstag die Garage aufschließen kann, damit er sich die entsprechenden Gerätschaften zum „Laub-Harken auf dem Kunstrasenplatz“ nehmen kann.

Den Spitznamen „Taube“ vom Vater als Taubenzüchter geerbt

Wo sieht der 53-Jährige seine Stärken? „Ich halte mich für sehr zuverlässig und lege selbst viel Wert auf Pünktlichkeit.“ Wenn er einen Wunsch (oder auch mehrere) frei hätte: „Dass meine Familie und ich gesund bleiben, dass die Menschen besser miteinander auskommen und das Armutsgefälle nicht so groß ist.“ Ist er gläubig? Taube: „Nicht im engen christlichen Sinne. Ich glaube aber schon, dass es da oben einen gibt, der über uns wacht.“

Abschließend: Woher stammt im Übrigen sein Spitzname „Taube“? Die Erklärung ist einfach: „Mein Vater Klaus-Dieter, der auch selbst einige Jahre bei den Germanen Fußball gespielt hat, war lange Jahre Taubenzüchter. Der Name Taube lag da doch nahe.“ In der Tat. Und da er selbst auch schon mit 8 Jahren bei den Germanen mittrainierte, sei irgendwann der Name „Taube“ auch auf ihn als „Taubes Sohn“ übergegangen.

 

                          

                                                                                                                                         Torsten Becker 

 

Titelfoto: Der 53-Jährige im "Kirschen"-Outfit zusammen mit dem A-Jugend-Trikot seines Sohnes Paul von Germania Ochtersum. Festes Ritual: Zu jedem Ochtersumer Punktspiel streift der Papa das Trikot mit der Rückennummer 19 über. Oftmals hilft es. 

 

Bildergalerie: Torsten Becker

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